10.01.2019 08:07 // Zeit schenken – Freude schenken
Sie kümmern sich um kranke und hilfebedürftige Menschen im Westpfalz-Klinikum, nehmen sich Zeit für ein Gespräch und machen ihnen mit kleinen Diensten eine Freude: die Grünen Damen und Herren. Im Interview berichten Petra Schorz, Susan Handt, Arnold Urschel und Gerda Wagner über ihre ehrenamtliche Tätigkeit.
Was hat Sie persönlich dazu bewogen, sich bei den Grünen Damen und Herren zu engagieren?
Petra Schorz: Ich bin Kinderkrankenschwester und musste aus gesundheitlichen Gründen meinen Beruf aufgeben. Da kam mir damals im Jahr 2000 der Aufruf in der Zeitung, sich ehrenamtlich im Krankenhaus zu engagieren, sehr gelegen. Ich konnte zurück in eine Klinik, um Menschen zu helfen.
Susan Handt: Meine eigene Erkrankung und ein stationärer Aufenthalt im Westpfalz Klinikum haben mich dazu bewogen.
Gerda Wagner: Ich wollte nach Eintritt in den Ruhestand und einjähriger Rehabilitation etwas für Menschen tun, was ich kann und immer gern gemacht habe: zuhören und evtl. beraten, ohne Druck und ohne zu beurteilen. Die Telefonseelsorge war mir zu anonym, ich brauchte ein Gegenüber mit Gesicht.
Wie groß ist Ihr Team? Können Sie Verstärkung gebrauchen?
Petra Schorz: Wir sind insgesamt 24 Ehrenamtliche. 3 Herren und 21 Damen. Ja, Verstärkung wäre dringend notwendig. Innerhalb der letzten drei Jahre sind wir um zehn Ehrenamtliche geschrumpft. Zum Teil aus gesundheitlichen Gründen oder nach dem Erreichen der Altersgrenze von 80 Jahren, oder aus familiären Gründen wurde der Dienst aufgegeben.
Welche Eigenschaften sollte man haben, wenn man sich ehrenamtlich bei den Grünen Damen und Herren engagieren möchte?
Petra Schorz: Offenheit für Menschen und ihre Probleme, Zurückstellen der eigenen Meinung, normale körperliche und seelische Belastbarkeit, Verschwiegenheit (für uns gilt die Schweigepflicht), Zuverlässigkeit und Zeit an einem Vormittag in der Woche (Arbeit im Klinikum) sowie an einem Mittwochnachmittag im Monat (Fortbildung).
Gibt es eine Schulung für neue Mitarbeiter oder können diese direkt durchstarten?
Petra Schorz: Neue Mitarbeiter werden über das Leitbild der Grünen Damen und Herren in einem Erstgespräch informiert und gehen dann in Begleitung erfahrener Mitarbeiter über verschiedene Stationen mit. Jeder sooft er es möchte, um dann entscheiden zu können, ob die Arbeit zusagt. Danach erfolgen ein weiteres Gespräch und ein praktischer Test am Krankenbett mit der Leiterin. Mit der Unterschrift auf der Verpflichtungserklärung beginnt dann mit grünem Kittel und Klinikausweis der Dienst am ausgesuchten Tag.
Auf welchen Stationen sind Sie unterwegs?
Petra Schorz: Wir besuchen alle Patienten auf den uns zugeteilten Stationen. Von uns werden bis auf die Häuser 6/3, 10/5, 9/2, 5/1, 12, CPU und die Kinderklinik alle Stationen an verschiedenen Wochentagen besucht. Die oben genannten Stationen können uns aber anfordern, wenn Bedarf besteht.
Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus?
Susan Handt: Wir machen Besuche am Patientenbett und reagieren auf verschiedene Wünsche und Bedürfnisse der Patienten. Zum Beispiel erledigen wir kleinere Einkäufe innerhalb des Hauses.
Gerda Wagner: Wir sind ehrenamtliche Mitarbeiter; wir kommen zu den Patienten und haben Zeit, wenn jemand erzählen will oder Fragen hat. Manchmal können wir auch auf kompetente Beratungsstellen hinweisen. Wir machen das, wofür es keine angestellten Kräfte gibt.
Wie reagieren Patienten, wenn Sie Besuch von Ihnen bekommen?
Arnold Urschel: Die Reaktionen sind so unterschiedlich. Viel Dankbarkeit ist dabei, aber auch demonstrierte Ablehnung. Dahingehend dass auf ein „Guten Morgen“ nicht reagiert wird. Das muss man aushalten.
Gerda Wagner: Die Patienten, die uns kennen, lächeln und erzählen ein wenig. Wenn ein Patient sagt, dass es ihm nicht gut geht, frage ich nach. Bei Kummer warte ich etwas, bis das Gespräch weitergeht. Oft ist es Trauer über den Tod des Partners, dann helfe ich bei der Erinnerung an schöne Erlebnisse. Wenn solche Patienten am Ende lächeln und sichtbar erleichtert sind, ist das sehr schön für mich. Manche Patienten wollen nur ruhen. Viele Patienten bedanken sich für den Besuch. Am schönsten ist es, wenn jemand erzählt, wie gut ihm hier geholfen wurde.
Sind es eher ältere Patienten, die Ihre Hilfe in Anspruch nehmen?
Petra Schorz: Das Alter spielt keine Rolle. Jüngere sind sehr daran interessiert, die Arbeit kennen zu lernen. Ältere erzählen lieber von sich und ihren Sorgen.
Arnold Urschel: Der Jüngere braucht vielleicht öfter eine Besorgung, wobei der Ältere ein Gespräch braucht.
Welche schönen Erfahrungen machen Sie bei Ihrer Arbeit?
Arnold Urschel: Grundsätzlich ist die Aussage zu hören: Schön, dass es Sie gibt. In Wirklichkeit sind Sie die „Grünen Engel“.
Susan Handt: Wir bekommen positives Feedback von den Patienten. Patienten, die schon länger im Krankenhaus liegen, erwarten uns an manchen Tagen schon.
Petra Schorz: Uns wird viel Dankbarkeit von den Patienten entgegengebracht. Etwas Lustiges! Ein junger Mann empfing mich einmal mit den Worten: „Ich brauche nichts, die Zeitung habe ich und verheiratet bin ich auch.“
Sie sind bei Ihrer Tätigkeit ja häufig mit Leid konfrontiert. Wie gehen Sie damit um?
Arnold Urschel: Für uns als Grüne Damen und Herren gilt es zuzuhören!
Susan Handt: Ich werde bei manchen Patienten mit sehr viel Leid konfrontiert. Meine Hilfestellung in dieser Situation ist die Hoffnung, ihnen ein klein wenig Freude und Abwechslung geschenkt zu haben.
Gerda Wagner: Ich habe am Anfang meiner Tätigkeit als Grüne Dame festgestellt, dass ich die schlimmeren Erlebnisse in der Klinik aus dem Gedächtnis bekommen muss. Ich muss eine professionelle Distanz erarbeiten – ohne die Empathie zu verlieren. Es muss mir gut gehen! Dafür gönne ich mir immer wieder einen Tag für mich – ohne Verpflichtungen. Gut tut mir: wandern, Neues erkunden, Bücher kaufen, essen gehen. Dabei kann ich auftanken und auf andere Gedanken kommen.
Petra Schorz: Es besteht die Möglichkeit, in der Gruppe darüber zu reden und sich auch an die Seelsorgerin Anja Behrens zu wenden. Anja Behrens wird ab 2019 wieder monatlich für ein Tagesteam eine Dienstreflexion abhalten.
Welche Erfahrungen sind für Sie schwierig zu verdauen?
Petra Schorz: Ich musste einmal hören, dass der Ehemann einer Frau, die im Sterben lag, keine Zeit hatte zu kommen.
Arnold Urschel: Ein Patient hat die Diagnose bekommen, austherapiert zu sein. Der Tod ist eine Tatsache. Auch hier gilt als Reaktion unsererseits – wenn gewollt –, den Patienten reden lassen und zuhören. Unbedingt ist Geschwätz zu vermeiden.
Susan Handt: Schwierig zu verdauen sind auch Patienten, die mit allem unzufrieden sind.
Welche Rolle spielt das Team bei Ihrer Arbeit?
Susan Handt: Wir haben ein sehr nettes Team mit regelmäßigem Austausch und Unterstützung untereinander.
Petra Schorz: Die einzelnen Tagesteams sind eine Gemeinschaft für sich. Man hilft sich gegenseitig. In jedem Team gibt es Ansprechpartner und es besteht die Möglichkeit, sich mit mir oder mit Inge Finsterbusch, meiner Stellvertreterin, in Verbindung zu setzen. Unsere regelmäßigen Sitzungen – sechsmal im Jahr, meistens mit Referenten – dienen zum Austausch und dazu Neuerungen zu besprechen. Die Treffen finden in der Seniorenresidenz am dritten Mittwoch im Monat statt. Außerdem machen wir im Juni einen gemeinsamen Ausflug, im August eine geführte Wanderung und im Dezember eine Weihnachtsfeier.
Gab es weitere besondere Veranstaltungen im Jahr 2018?
Petra Schorz: Ja, da Rheinland-Pfalz und das Saarland im Moment keine Landesbeauftragte der Grünen Damen und Herren haben, wurde im Mai eine Regionaltragung für alle Gruppen aus diesen Bundesländern in Kaiserslautern veranstaltet. Die Vorsitzende der Evangelischen Kranken- und Alten-Hilfe e.V., Käte Roos, kam extra aus Berlin zu dieser Tagung angereist. Dazu muss man wissen, dass wir, die Grünen Damen und Herren, unter dem Dach der Evangelischen Kranken- und Alten-Hilfe e.V. – kurz "eKH" arbeiten. Die eKH gibt es in 2019 bundesweit schon 50 Jahre. Etwa 8000 Ehrenamtliche in 600 Krankenhäusern und Altenheimen arbeiten unter dem Dach der eKH.Für 24,00 Euro im Jahr können und sollten wir „Ordentliches Mitglied“ werden, damit wir bei Entscheidungen Stimmrecht haben.
Susan Handt: Auch die Patientenweihnachtsfeier in der Vorweihnachtszeit war sicher eine sehr emotionale Veranstaltung für Patienten und Personal.
Wie haben Sie die Patienten in der Weihnachtszeit aufgemuntert?
Susan Handt: Mit einem kräftigen Lachen.
Petra Schorz: Das ist eher eine schwierige Aufgabe. Meistens ist es aber so, dass die Patienten selbst den Weg aufzeigen. Als Grüne Dame oder Grüner Herr muss man die Menschen dort abholen, wo sie sind.