Bandscheibenerkrankungen der Lendenwirbelsäule

Mit zunehmendem Alter nutzen sich der Bandscheibenkern (Nukleus pulposus) und die innere Bandscheibe ab. Im weiteren Verlauf der Erkrankung kommt es häufig auch zu einem Verschleiß des Faserrings der Bandscheibe (Anulus fibrosus).

In aller Regel ist eine konservative Therapie ausreichend – mit medikamentöser Schmerztherapie, Krankengymnastik, Ergotherapie, medizinische Trainingstherapie und Arbeitsplatztraining sowie Verhaltenstherapie. Das wichtigste Ziel ist, eine Schmerz-Chronifizierung zu vermeiden und den Patienten so schnell wie möglich in den normalen Alltag zurückzuhelfen.

Eine Operation folgt in der Regel nur dann, wenn die Beschwerden über mehrere Monate anhalten und eindeutig auf die Bandscheiben zurückzuführen sind. Nicht immer muss es eine  Versteifungsoperation sein. Bei einigen Patienten kommen auch dynamische Verfahren infrage. Diese heben die Beweglichkeit zwischen zwei Wirbeln nicht komplett auf, sondern schränken sie nur ein.

Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule

Beim Bandscheibenvorfall handelt es sich um eine Vorwölbung oder einen Vorfall von Bandscheibengewebe in den Wirbelkanal. Betroffen sind häufig Menschen im Alter von 30 bis 45 Jahren. Unterschieden werden Bandscheibenvorfälle nach dem Ausmaß des Vortretens von Bandscheibengewebe in den Wirbelkanal: Protrusionen sind lediglich Vorwölbungen des Gallertkerns, bei denen der Faserring der Bandscheibe noch intakt ist. Während beim echten Vorfall (Prolaps) der Faserring durchbrochen ist. Am häufigsten sind die Bandscheiben zwischen dem vierten und fünften Lendenwirbel (L4/L5) sowie zwischen dem fünften Lendenwirbel und dem Kreuzbein (L5/S1) betroffen.

Häufig verursachen Bandscheibenvorfälle überhaupt keine oder nur geringe Symptome. Bei einem Teil der Betroffenen zeigen sich allerdings Rückenschmerzen, eine Verspannung der Rückenmuskulatur und Schmerzen, die in die Beine ziehen können. Auch eine Schmerzverstärkung beim Pressen oder Heben von Gegenständen kann auftreten. Gravierende Symptome sind Lähmungen und Gefühlsstörungen im Bereich der Beine oder eine Beeinträchtigung der Funktion von Blase und Mastdarm. Die Diagnose eines Bandscheibenvorfalls wird meist mittels Kernspintomografie (MRT) gestellt.

Sofern der Patient mit den Schmerzen zurechtkommt, keine Lähmungen auftreten und auch Blase und Mastdarm normal funktionieren, ist eine konservative Therapie für zwei bis drei Monate empfehlenswert. Dies beinhaltet Informationen über das Krankheitsbild und dessen Verlauf, Krankengymnastik, Arbeitsplatztraining, Entspannungsverfahren und Schmerztherapie, gegebenenfalls wirbelsäulennahe Infiltrationen.

Üblicherweise wird eine operative Therapie empfohlen bei relevanten Lähmungen oder einer Beeinträchtigung der Funktion von Blase und Mastdarm oder bei ausbleibendem Erfolg der konservativen Therapie. Die Operation des Bandscheibenvorfalls der Lendenwirbelsäule (lumbale Nukleotomie) führen wir in unserer Abteilung standardmäßig in mikrochirurgischer Technik unter Verwendung eines Operationsmikroskops durch.

Wirbelkanalverengung der Lendenwirbelsäule

Die Wirbelkanalverengung der Lendenwirbelsäule (lumbale Spinalkanalstenose) ist eine Einengung des Wirbelkanals auf Bandscheiben-Ebene, vor allem zwischen dem dritten und dem vierten (L3/L4) sowie dem vierten und fünften (L4/L5) Lendenwirbel. Verursacht wird diese Enge häufig durch die Alterung von Bandscheiben und Zwischenwirbelgelenken (Facettengelenksarthrose oder Spondylarthrose) und eine Verdickung des „gelben Bandes“ (Ligamentum flavum), das die Wirbelbögen gegeneinander stabilisiert.

Unterschieden werden diese verschleißbedingten Verengungen von angeborenen Stenosen und solchen, die zum Beispiel Folge eines Unfalls oder einer Systemerkrankung sind. Frauen sind von der Spinalstenose circa zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Männer. Die lumbale Spinalkanalstenose ist weltweit die häufigste Ursache einer Wirbelsäulenoperation bei Patienten, die älter als 65 Jahre sind.

Typisches Symptom ist die „Schaufensterkrankheit“, das heißt Schmerzen im Rücken, dem Gesäß und den Beinen vor allem beim Gehen mit einer Verbesserung beim Stehenbleiben oder sich Hinsetzen. Auffällig ist die häufig anzutreffende Diskrepanz zwischen dem Ausmaß der Enge und den Beschwerden. Viele Betroffenen verspüren keine oder nur geringe Beschwerden, während bei einem Teil der Patienten unerträgliche Schmerzen und auch Lähmungen bestehen, die zu einem völligen Verlust der Mobilität führen können. Die Diagnosesicherung erfolgt häufig mittels Computertomografie (CT) oder Kernspintomografie (MRT).

In aller Regel ist ein konservativer Therapieversuch gerechtfertigt. Dazu zählen Verhaltenstraining, Schmerzmedikation, physikalische Therapie und Krankengymnastik (entlordosierend), Kortisoneinspritzungen in den Wirbelkanal (epidurale Umflutung, EDU), an die Nervenwurzel (periradikuläre Therapie, PRT) und an die Zwischenwirbelgelenke (Facettengelenksinfiltration, FGI).

Bringt die konservative Therapie keine Linderung, dauern die Beschwerden an oder werden unerträglich, ist die operative Therapie gerechtfertigt. Möglich ist eine alleinige Erweiterung des Wirbelkanals (Dekompression). Diese standardisierte Operation erfolgt in unserer Abteilung unter Verwendung eines Operationsmikroskops in mikrochirurgischer Technik. Ziel ist es, Platz für die eingeengten Nervenwurzeln zu schaffen, ohne dabei die Stabilität der Wirbelsäule zu gefährden (selektive Dekompression). Alternativ ist, abhängig vom Ausmaß der Enge und einer begleitend bestehenden Instabilität der Wirbelsäule, über die Dekompression hinaus eine Stabilisierungsoperation erforderlich.

Verschleißbedingtes Wirbelgleiten der Lendenwirbelsäule

Das degenerativ bedingte Wirbelgleiten stellt eine Verschiebung eines Wirbelkörpers gegenüber dem nächst darunter gelegenen Wirbel dar. Im Gegensatz zum „echten“ Wirbelgleiten sind bei der verschleißbedingten Form die knöchernen Strukturen der Wirbelbögen intakt. Betroffen sind vor allem Menschen ab dem 50. Lebensjahr, dabei Frauen vier- bis fünfmal häufiger als Männer. 90 Prozent der Betroffenen sind allerdings beschwerdefrei.

Vor allem zwischen dem dritten und vierten (L3/L4) und dem vierten und fünften (L4/L5) Lendenwirbel zeigt sich dieses degenerativ bedingte Wirbelgleiten, das bei circa 30 Prozent der Betroffenen mit der Zeit zunimmt. Allerdings gibt es keine Übereinstimmung zwischen dem mit Hilfe von Röntgenbildern darstellbaren Ausmaß der Instabilität und den Beschwerden einzelner Patienten. Diese äußern sich meist in Rückenschmerz gepaart mit ein- oder beidseitigen Beinschmerzen (Radikulopathie). Die Diagnose-Sicherung erfolgt mit Hilfe von dynamischen Röntgenuntersuchungen und der Computertomografie (CT) bzw. Kernspintomografie (MRT).

Neben dem degenerativ bedingten Wirbelgleiten gibt es noch weitere Formen dieser Instabilität:

  • die angeborene Form
  • die frühkindlich erworbene Instabilität
  • das Wirbelgleiten infolge einer Verletzung oder einer Systemerkrankung und
  • die Instabilität bedingt durch eine Operation

Zu Beginn der Erkrankung ist fast immer ein konservativer Therapieversuch gerechtfertigt. Insbesondere bei nicht beherrschbaren Schmerzen, zunehmenden Lähmungen und Gefühlsstörungen oder einer massiven Einschränkung der Lebensqualität ist eine Operation indiziert. Bei einer häufig begleitend bestehenden Wirbelkanalverengung empfiehlt sich die Durchführung einer Stabilisierungsoperation mit Erweiterung des Wirbelkanals (Dekompression).

"Echtes" Wirbelgleiten der Lendenwirbelsäule

Vergleichbar zu dem verschleißbedingten Wirbelgleiten stellt das "echte" Wirbelgleiten eine Verschiebung zweier Wirbel gegeneinander dar, meist bedingt durch eine im Kindesalter erworbene Unterbrechung im Bereich des Wirbelbogens (Spondylolyse), zum Beispiel durch wiederholte Überbeanspruchungen bei sportlichen Betätigungen. Meist betroffen sind fünfter Lendenwirbel und erster Kreuzbeinwirbel (L5/S1) sowie vierter und fünfter Lendenwirbel (L4/L5).

Circa 5 Prozent der erwachsenen Menschen weisen einen solchen Defekt auf, sind jedoch meist ohne jede Beschwerden. Männer sind etwa doppelt so häufig wie Frauen betroffen, während das Risiko einer zunehmenden Verschiebung der Wirbel gegeneinander bei Frauen größer ist. Das Ausmaß der Verschiebung kann in vier Grade unterteilt werden, wobei das Ausmaß der Verschiebung nicht notwendigerweise der Ausprägung der Beschwerden entspricht. Diese können sich in Rückenschmerzen mit ein- oder beidseitiger Schmerzausstrahlung in die Beine und auch Lähmung und Gefühlsstörungen äußern.

Häufig ist eine konservative Therapie ausreichend. Dazu zählen:

  • Informationen über das Krankheitsbild und seinen Verlauf
  • Krankengymnastik (zur Kräftigung der rumpfstabilisierenden Muskulatur, auch der Bauchmuskeln)
  • medizinische Trainingstherapie
  • Sportkarenz für einige Sportarten wie zum Beispiel Kunstturnen oder Speerwerfen

Bei konservativ nicht beherrschbaren Beschwerden, einem rasch zunehmenden Wirbelgleiten, Lähmungen oder einer ausgeprägten Haltungsstörung ist die Stabilisierung des betroffenen Wirbelsäulenabschnitts indiziert. Dieser Eingriff erfolgt häufig alleine von rückenseitig (dorsal), kann aber auch als kombiniertes Verfahren von hinten und von vorne (ventro-dorsale oder dorso-ventrale Stabilisierung) durchgeführt werden.