Aktuelle Situation stellt Krankenhäuser vor große Herausforderungen
Maximalversorger in Rheinland-Pfalz fordern mehr wirtschaftliche Sicherheit und Planbarkeit
Kaiserslautern/Koblenz/Ludwigshafen/Trier. Steigende Belegungszahlen auf den Intensivstationen, immer mehr infizierte Patienten auf den Normalstationen und immense Personalausfälle – die Herausforderungen für die rheinland-pfälzischen Kliniken steigen von Tag zu Tag. In dieser Situation fordern die Krankenhäuser die Gesundheitsministerien auf Bundes- und Landesebene sowie alle Abgeordneten dazu auf, ihnen uneingeschränkt den Rücken zu stärken.
„Wir haben in den vergangenen beiden Jahren alles getan, um die sich uns anvertrauenden Patientinnen und Patienten so gut und sicher wie möglich zu behandeln. Das hat alle Häuser auch ökonomisch sehr belastet und an die Grenzen gebracht. Im Gegensatz zu den vollmundigen Versprechungen der Politik wurden weder die Erlösverluste, noch die deutlich höheren Kosten durch die Pandemie, adäquat ausgeglichen“, so Hans-Friedrich Günther, Geschäftsführer des Klinikums der Stadt Ludwigshafen.
Die Maximalversorger im Land haben sich darauf verständigt, in einer Zeit in der viele Sicherheitsmaßnahmen außerhalb der Kliniken wegfallen, auch weiterhin der Patientensicherheit absoluten Vorrang einzuräumen. So bleiben die bewährten Sicherheitsmaßnahmen wie regelmäßige Testungen aller stationären Patient:innen und Mitarbeitenden, FFP2-Maskenpflicht und Besuchseinschränkungen bis auf Weiteres bestehen. Diese Sicherheit darf aber nicht zulasten der Häuser zu weiteren finanziellen Verlusten führen.
„Um die Versorgungssicherheit der Bevölkerung auch weiterhin gewährleisten zu können, und das ist unser aller Ziel, benötigen wir einen umfassenden und verlässlichen Corona-Rettungsschirm über dieses Jahr hinaus“, sagt Peter Förster, Geschäftsführer des Westpfalz-Klinikums in Kaiserslautern und Landesvorsitzender des Verbands der Krankenhausdirektoren Rheinland-Pfalz/Saarland. „Denn die Probleme, mit denen unsere Kliniken zu kämpfen haben, sind heute größer denn je.“
Die Krankenhäuser behandeln zurzeit so viele COVID-infizierte Patientinnen und Patienten wie zu keinem anderen Zeitpunkt dieser Pandemie. Vom 1. Februar 2022 bis heute sind die Zahlen um 65 Prozent auf mittlerweile mehr als 25.000 Patientinnen und Patienten gestiegen. Das zeigt deutlich, dass sich die Rekordinzidenzen auch in den Krankenhäusern niederschlagen. Alle Prognosen gehen von einem weiteren Patientenzuwachs aus.
Gleichzeitig haben in den Kliniken die krankheitsbedingten Personalausfälle fast flächendeckend zugenommen und bringen die Krankenhäuser in erhebliche Bedrängnis. Rund 90 Prozent der Krankenhäuser haben aktuell höhere krankheitsbedingte Personalausfälle in ihren patientennahen Bereichen als sonst um diese Jahreszeit üblich. Die Entwicklungen sind maßgeblich durch die Corona-Pandemie bedingt. Das ergab eine Blitzumfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI).
Nichtsdestotrotz halten die Kliniken die Notfallversorgung jederzeit aufrecht. Jérôme Korn-Fourcade, Regionalleiter der Region Koblenz-Saffig in der BBT-Gruppe sagt: „Trotz der Vielzahl an isolationspflichtigen COVID-19-Patienten und den aktuellen, bis dato in der Pandemie nie dagewesenen Personalausfällen gewährleisten wir die Versorgung von dringlichen Notfällen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen unvermindert. Vor diesem Hintergrund bitten wir um Verständnis, dass wichtige Schutzmaßnahmen wie die Maskenpflicht, Einschränkungen bei Patientenbesuchen und Corona-Testungen für uns als Kliniken kurzfristig auch weiter gelten. Wir schützen damit sowohl unsere Patientinnen und Patienten als auch die sehr belasteten Mitarbeitenden.“
Seit Beginn der Pandemie haben die Krankenhäuser viel Geld in Schutzmaßnahmen investiert und geplante ambulante sowie auch stationäre Behandlungen aus Sicherheitsgründen monatelang ausgesetzt oder verschoben. Nun müssen sie ihr Versorgungsangebot angesichts hoher Personalausfälle erneut drastisch einschränken. „Das hat hohe Erlösverluste zur Folge, die wir kompensieren müssen“, sagt Dr. med. Christian Sprenger, Medizinischer Geschäftsführer des Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier.
Die Ausgleichszahlungen wurden jedoch lediglich um einen Monat verlängert und laufen am 18. April 2022 aus. Und auch der Corona-Zuschlag ist bis Juni 2022 befristet. „Diese Regelungen gehen an der Realität vorbei. Hier mangelt es nicht nur an Wertschätzung den Krankenhaus-Mitarbeitern gegenüber, die sich aufopfern, sondern es wird auch die flächendeckende Krankenhausversorgung für die Menschen aufs Spiel gesetzt“, ergänzt Christian Weiskopf, BBT-Regionalleiter für das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier.
Ziel der Kliniken ist es nicht, sich langfristig über Ausgleichszahlungen zu finanzieren, sondern durch eine vollumfängliche medizinische Versorgung und durch die generierten Erlöse wieder wirtschaftlich arbeiten zu können. Doch wann eine Rückkehr zur Normalität möglich sein wird, ist derzeit noch ungewiss. Denn ein Ende der Pandemie ist nicht in Sicht.
In diesem schwierigen Kontext fordern die Kliniken in Rheinland-Pfalz Gewissheit, ob und wie der Corona-Rettungsschirm fortgeführt wird. Aus ihrer Sicht gilt es, für wirtschaftliche Sicherheit und Planbarkeit zu sorgen und Stabilität der Krankenhäuser mit Hilfe von Rettungsschirm-Instrumenten zu sichern. „Diese Sicherheit und Stabilität sind wir nicht nur unseren Patienten, sondern insbesondere unseren Mitarbeitenden schuldig, die über nun zwei Jahre hinweg die Versorgung der Bevölkerung über die üblichen Belastungsgrenzen hinweg bestmöglich aufrechterhalten“, resümiert Melanie John, Geschäftsführerin des GK-Mittelrhein.
Der Rheinland-Pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch unterstützt die Forderung der Kliniken nach einer Verlängerung der Ausgleichszahlungen über den 18. April 2022 hinaus. „Die Kliniken sind aktuell in einer extrem angespannten Situation. Fast nie in der Corona-Pandemie lagen mehr mit COVID-19 infizierte Patientinnen und Patienten in den Kliniken unseres Landes. Hinzu kommen die hohen Personalausfälle. Ich habe kein Verständnis dafür, dass der Bund in dieser Lage die Ausgleichszahlungen letztmalig nur bis 18. April verlängern will und damit die Kliniken in eine existenzgefährdende Situation bringen kann. Ich werde mich weiterhin sehr aktiv dafür einsetzen, die Zahlungen so lange wie erforderlich zu verlängern“, so Hoch.