Immunsystem der Seele

Was lässt Menschen die größten Katastrophen überstehen? Und nicht nur überleben, auch verwinden? Wie können Menschen an Schicksalsschlägen wachsen und aus persönlichen Krisen gestärkt hervorgehen? Welche besondere Kraft wohnt Personen inne, die in schweren Zeiten scheinbar alles im Griff haben und den Lauf der Dinge positiv und in ihrem Sinne beeinflussen? Die Fachwelt, Therapeuten und auch Betroffene sind sich einig: Es gibt ein Immunsystem der Seele.

Ähnlich wie bei unserem körpereigenen Immunsystem werden „emotionale Abwehrkräfte“ in der frühen Kindheit angelegt und können auch im Laufe des Lebens noch trainiert und verbessert werden. Dieser psychischen und mentalen Widerstandskraft (Resilienz) wird in den letzten Jahren immer mehr Beachtung geschenkt. Daraus ergeben sich viele Ansätze und praktische Übungen, die die Hilfesuchenden unterstützen, ihre „seelische Robustheit“ zu stärken. Ein Thema, das die Massen berührt. Denn wer war noch nicht in einer Umbruchsituation mit desolater Zukunftsperspektive?! Das mögen das vergeigte Abi, die geplatzte Verlobung, ein unerfüllter Kinderwunsch, berufliche Veränderungen, Trennung/Scheidung, Unfälle oder schwere Erkrankungen, der Verlust eines geliebten Menschen, finanzielle Nöte oder schlimmstenfalls sogar Gewalterfahrungen sein.

Die Frage ist nun: „Wie werde ich in solchen Situationen vom ängstlichen Zweifler zum optimistischen Stehaufmännchen?“ Bei Menschen, denen es leichter fällt, schwere Einschnitte gut zu meistern, hat die Forschung Schlüsselfaktoren gefunden, die sie quasi besser „rüsten“ für die Widrigkeiten des Lebens. 

Resilienz-Training

Akzeptanz

„Warum muss das gerade mir passieren? Warum ausgerechnet jetzt?!?“ Wir fühlen uns vom Universum im Stich gelassen und hadern mit unserem Schicksal. Unsere Gedanken stecken fest und kreisen immer wieder um die Frage: „Wenn doch nur nicht“ oder „Hätte ich doch...“ Wir treten auf der Stelle und vergeuden viele wertvolle Energie. Solange wir passiv bleiben, ist unser Denken für Lösungsideen blockiert.

Loslassen

Der Schlüssel ist das Loslassen. Wenn Dinge noch unausgegoren sind, immer wieder hochkommen, sich unrund anfühlen, haben wir noch nicht Frieden damit geschlossen. Überlegen Sie, was es braucht, um Geschehenes zu verzeihen, nicht nur anderen, auch sich selbst. Überlegen Sie, was Sie brauchen, um Ruhe zu finden. Auf dem Jakobsweg gibt es einen Abschnitt, an dem jeder Pilger einen mitgebrachten Stein symbolisch für eine Last, ein Problem, Trauer/Verlust ablegen und dalassen darf. Ist das nicht eine schöne Idee?! Möglicherweise gibt es auch für Ihr Problem ein Sinnbild, das Sie irgendwo ablegen und dalassen möchten.

Abschiedszeremonie

Finden Sie für sich, wenn Sie mögen, eine passende Abschiedszeremonie. Vielleicht gibt es ein Symbol, ein Bild, das zu Ihren Gefühlen passt. Oder Sie schreiben einen Brief. Machen Sie sich ganz genau bewusst, von welchem Gefühl Sie sich verabschieden möchten. Und wie dieser Abschied aussehen könnte?! Manche Menschen lassen ihre Gedanken von fließendem Wasser davon tragen, sprechen Worte in den Wind, schreien es von einem Berg, oder vielleicht fühlen Sie sich wohler damit, eine Erinnerungskiste oder ein Erinnerungsalbum zu gestalten. Sie entscheiden, was Ihnen stimmig erscheint!

Optimismus

Optimismus ist die Überzeugung, dass am Ende alles gut wird. Nicht nur gut, sondern bestenfalls optimal. Das ist eine große Herausforderung, die man einen unter Druck setzt. Doch im Leben kann es auch mal nicht so gut laufen. Und trotzdem ist das noch lange nicht das Ende! Es geht immer weiter und wir selbst bestimmen, wann etwas zu einem (guten) Abschluss kommt! Eine positive Grundeinstellung ist folglich kein unerreichbares Gut, sondern eine Übungssache.

Sonnen-Tagebuch

Wie wäre es, wenn Sie am Ende eines jeden Tages überlegen, was Ihr persönliches Highlight war? Bitte denken Sie klein! In Dimensionen wie: eine schöne Tasse Kaffee, ein nettes Pläuschchen mit der Kollegin, ein Strauß Wildblumen pflücken, sich 10 Minuten in die Sonne setzen, die Zeitung lesen, einen Spaziergang machen, mit einem lieben Menschen über Ihren Tag erzählen usw. Lassen Sie alle erhebenden Augenblicke vor Ihrem inneren Auge Revue passieren und halten Sie sie in einer Art Tagebuch fest. Richten Sie Ihren Blick ganz bewusst auf die schönen, wertvollen Momente des Lebens und finden Sie heraus, was Ihnen gut tut. Das können Sie dann gezielt und aktiv immer wieder in Ihren Tagesablauf einbauen. Geben Sie dieser Übung Zeit und schauen Sie, was passiert!

Auf der Sonnenseite des Lebens gehen

Sind Sie schon einmal die Straße entlang geschlendert und haben die Seite gewechselt, weil Sie lieber in der Sonne gehen wollten? Führen Sie diese Übung an einem sonnigen Tag durch. Laufen Sie eine Weile im Schatten und beobachten Sie Ihre Gefühle, Ihre Körperwahrnehmungen, Ihre Stimmung. Nun überqueren Sie die Straße und setzen Sie Ihren Weg in der Sonne fort. Wie fühlt sich das an? Worin unterscheiden sich für Sie Licht und Schatten? Wechseln Sie nun wieder zurück in den Schatten. Was verändert sich? Überlegen Sie nun, wo Sie sich gerade wohler fühlen und machen Sie sich Ihre Entscheidungsfreiheit bewusst, aktiv in den Lichtschein zu treten.

Positive Affirmationen

Finden Sie Mutmacher für sich! Kleine Mantras, die Sie an Ihre Mission erinnern und Ihren Tag erheitern. Am besten an einer Stelle positioniert, wo Sie tagtäglich mehrfach darüber stolpern: Kühlschrank, Badspiegel, Haustür!

  • „Hinfallen...Aufstehen...Krönchen richten...Weitermachen“
  • „Auch wenn ich falle...lande ich auf meinen Füßen“
  • „Ich glaube fest daran, dass die Sonne auch für mich scheint“
  • „Ein Lächeln ist kostenlos und doch unbezahlbar“
  • „Ich bin umgeben von Leben, Liebe und Licht“
  • „Ich vertraue darauf, dass alles gut wird“
  • „Ich bin wunderbar“

Verantwortung (Selbstwirksamkeit)

Kraft unserer eigenen Handlungen können wir die Entwicklung unseres Lebens mitbestimmen. Vieles steht in unserer Macht. Sie können weitaus mehr, als Sie sich zutrauen!

Erkennen Sie Ihre Stärken!

Schreiben Sie auf, was Sie gut können! Völlig egal, ob Sie es gerne oder vielleicht nicht so gerne machen. Notieren Sie alles, was Ihnen einfällt auf einer Liste. Auch Kleinigkeiten und Dinge aus dem Alltag. Orientieren Sie sich an Fragen wie:

  • Was sind meine Hobbys?
  • Was schätzen meine Arbeitskollegen an mir?
  • Was fällt mir im Umgang mit anderen Menschen leicht?
  • Was mögen andere an mir?
  • Darin kann man mich um Rat fragen?

Möglicherweise hilft es Ihnen mehr, aus einer Sammlung konkreter Stärken auszuwählen. Kreuzen Sie an, was Ihrer Meinung nach auf Sie zutrifft: Aufgeschlossenheit, Humor, Flexibilität, Zuverlässigkeit, Spontanität, Selbstdisziplin, gute Merkfähigkeit, Kreativität, Ausdauer, Höflichkeit, Zielstrebigkeit, Einfühlungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Genussfähigkeit, Urteilsvermögen, Kontaktfähigkeit, Organisationstalent, Neugier, Sportlichkeit, Zuhören können, Fürsorglichkeit

Nun bitten Sie drei Personen Ihres Vertrauens um ein Feedback. Stimmen die Personen mit den von Ihnen ausgewählten Fähigkeiten überein? Würden den Personen noch weitere Stärken einfallen, an die Sie noch gar nicht gedacht haben? Erstellen Sie anhand dieser unterschiedlichen Ergebnisse Ihre ganz persönliche Quintessenz, Ihre persönliche Hitliste der Stärken! Auf was sind Sie besonders stolz? Was könnte in schweren Lebensphasen hilfreich sein? Was möchten Sie weiter ausbauen?

Netzwerkorientierung

„Man muss nicht alles können. Man muss nur jemanden kennen.“ Sie müssen nicht jedes Problem im Alleingang lösen! Sie lassen sich ja auch von einem Zahnarzt behandeln und schrauben nicht selbst an ihrer Prothese rum. Und so wie Sie die Hilfe Ihres Zahnarztes, Ihres Elektroinstallateurs, Ihrer Friseurin und Ihres Physiotherapeuten in Anspruch nehmen, sind Sie umgeben von Menschen, die bei den unterschiedlichsten Themen mit Rat und Tat unterstützen können. Dieser Kreis, dieses Netzwerk umfasst nicht zwangsläufig nur den Partner, Kinder, Geschwister oder Eltern. Zu Ihrem Netzwerk gehören auch Freunde, Ihr Hausarzt, Kollegen, Nachbarn usw.

Vorschläge

  • Bringen sie Ihr Netzwerk zu Papier! Malen Sie ein Bild, eine Zeichnung, eine Mindmap oder ein Diagramm, das Sie selbst und alle wichtigen Bezugspersonen darstellt!
  • Machen Sie sich Ihre Stärken bewusst!
  • Suchen Sie sich ein Hobby! Im Verein, im Volkshochschulkurs, bei den Oldtimerfreunden oder den Landfrauen. Oder ein Ehrenamt. Oder eine Selbsthilfegruppe.
  • Seien Sie ein guter Freund!
  • Seien Sie dazu zuerst einmal ein guter Zuhörer!
  • Bieten Sie Hilfe an, kleine Gesten der Aufmerksamkeit! Denken Sie an Geburtstage usw.!
  • Bitten Sie um Hilfe! Starten Sie mit etwas Kleinem, leihen Sie eine Backzutat aus, einen Schraubenzieher oder fragen Sie um Rat und dann beobachten Sie, was passiert!
  • Investieren Sie in belastbare Beziehungen! Bringen Sie Ihre eigenen Stärken, Ihr Wissen und das, was Sie gut können mit ein!

Lösungsorientierung und Neuausrichtung

Vertrauen Sie darauf, dass es für Ihr Problem eine Lösung gibt! Auch wenn es gar nicht so leicht ist, in dem Wust aus Gefühlen, unterschiedlichen Beteiligten und verstrickten Geschehnissen eine klare Linie herauszuarbeiten. Die erste Aufgabe besteht darin herauszufinden, was das Wesentliche, die Priorität ist.

Die Wunderfrage

Stellen Sie sich vor, Sie gehen heute Abend ins Bett. Und während Sie schlafen, passiert ein Wunder, ein echtes, großes Wunder. Alles darf sein. Aber weil es während Ihres Schlafes geschieht, nehmen Sie das gar nicht so bewusst wahr. Nun stehen sie morgen früh auf und bemerken, dass etwas anders ist. Was hat sich verändert? Woran merken Sie, dass ein Wunder geschehen ist? Was bedeutet das für Sie? Stellen Sie sich doch einmal selbst die Wunderfrage! Und wenn es im inneren Dialog nicht klappt, bitten Sie eine Ihnen nahestehende Person, diese Übung mit Ihnen durchzuspielen!

Was würde mein Freund / meine Freundin mir raten?

Wenn Sie gar nicht weiter wissen und Ihnen absolut keine Strategie für ein Problem einfällt, stellen Sie sich vor, was Ihr Freund / Ihre Freunding Ihnen raten würde! Freunde haben häufig eine unaufgeregte Sicht auf die Dinge und viele nützliche Tipps. Es ist verblüffend, zu welchen einfachen, nachvollziehbaren Lösungen sie kommen. Oft sind das Einsichten, die wirklich weiterhelfen.

Zukunftsorientierung

Wenn etwas nicht so läuft, wie wir uns das vorgestellt haben, wenn sich eine Tür schließt oder etwas zu Ende geht, ist das erst einmal sehr schmerzhaft. Aber als Chance begriffen bietet dieses Vakuum auch Raum für Neues. Es bietet die Freiheit, sich neu zu überdenken, alternative Wege einzuschlagen und das Rad weiterzudrehen – nach oben!

Zukunftsstrahl

Zeichnen Sie einen Zeitstrahl mit vier unterschiedlichen Kategorien. Der erste Abschnitt umfasst einen Zeitraum von 1 bis 2 Wochen, der zweite Zeitraum reicht über circa 3 Monate. Der dritte Abschnitt steht für die nächsten 2 Jahre und die vierte Spalte symbolisiert eine Zeitspanne von 10 Jahren oder mehr, an deren Ende Ihr erklärtes Ziel steht. Überlegen Sie genau, was Sie am Ende Ihrer Bemühungen erreichen möchten. Wählen Sie ein realistisches, ein machbares Ziel. Formulieren Sie Ihre Vorgabe positiv: „Ich möchte ein langes, gesundes Leben führen.“ Nicht: „Ich will im Alter nicht gebrechlich und hilfebedürftig werden."

Ihr langfristiges Ziel ist es, auch mit fortschreitendem Alter noch lange gesund, aktiv und mit viel Lebensqualität durchs Leben zu gehen. In einem mittelfristigen Zwischenschritt stehen also: das Herz-Kreislaufsystem, das Gehirn und das Immunsystem optimal in Gang bringen, möglicherweise Gewicht reduzieren, Muskelaufbau betreiben usw. Innerhalb der nächsten Monate gilt es also, Ihre Lebensführung Ihrem Vorhaben anzupassen: Änderung der Essgewohnheiten, Aufbau von Ausdauer und Fitness, gesunder Schlafrhythmus, Störfaktoren minimieren (Genuss von Zucker, Kaffee, Alkohol/ Stress/ hohe Arbeitsbelastung usw.).

Als allerersten Schritt bzw. Sofortmaßnahme wären sinnvolle Schritte, mehrmals pro Woche in den Tagesablauf Sport und Bewegung einzubauen. Auch ein Ernährungstagebuch für 1 bis 2 Wochen wäre bestimmt eine gute Idee. So verschaffen Sich sich einen Überblick über „die Baustellen“. Die Zeitstrahlübung bedeutet also in gewissem Maße, seine Zeit und Möglichkeiten aktiv zu nutzen, um dem Leben eine Wendung ins Positive zu geben!

Tun Sie es! Es steht in Ihrer Macht.

Positive Affirmationen

  • „Ich vertraue darauf, dass es besser wird.“
  • „Ich vertraue darauf, dass ich es schaffen kann.“
  • „In mir wohnt eine unverwüstliche Kraft.“

Krisenbewältigung als dynamischer Prozess

Ob und was geholfen hat, sehen wir immer erst im Rückblick, wenn die Krise vorüber ist. Dann sind wir reicher an Erfahrung, reicher an Problemlösestrategien, reicher an Vertrauen in uns selbst und auch hoffentlich in das Umfeld und das Leben selbst.

Solange man jedoch überhäuft ist mit Verzweiflung, Zukunftsängsten, Anspannung und Hilflosigkeit fällt es nicht sehr leicht, das Licht am Ende des Tunnels im Auge zu behalten. Lassen Sie sich nicht davon einschüchtern, wie weit der Weg scheint! Treten Sie Ihn an – in kleinen Schritten, aber gehen Sie los! Vielleicht braucht es mehrere Anläufe. Krisenbewältigung ist ein dynamischer Prozess.

Rechnen Sie mit Fortschritten, aber planen sie auch Rückschläge ein! Nehmen Sie die Herausforderung an und verlieren Sie nicht den Mut! Seien Sie großzügig, gütig und nachsichtig mit sich. Verlieren Sie nicht die Geduld. Belohnen Sie sich, wenn Sie etwas geschafft haben. Haben Sie Vertrauen in sich!

Bei Fragen kontaktieren Sie Ramona Heina-Romahn!