In allen Familien und Beziehungen kann es zu Streit kommen. Das ist bis zu einem gewissen Punkt normal. Manchmal wird als Folge von Stress, Frustration und Überforderung dieser Punkt überschritten. Dann kann es zu Gewalt und aggressiven Handlungen kommen (Zweiteilung des Gehirns). Diese haben häufig Auswirkungen auf das ganze Leben der ganzen Familie!

Streit = Was jetzt?

Im Konfliktfall sollten Sie eine halbe Stunde in unterschiedlichen Räumen abkühlen oder auch alleine spazieren gehen und dann das Thema in Ruhe besprechen. Wenn wir emotional aufgewühlt sind gelingt eine Konfliktlösung wahrscheinlich nicht. Auf jeden Fall ist es aber wichtig, Kommunikation zu pflegen und Bedürfnisse dem Partner zu kommunizieren: "Ich bin gerade genervt und brauche jetzt für mich…"

Schritt-für-Schritt-Hilfen im Umgang mit Konflikten und Gewalt

  1. Situation verlassen – sich eine Auszeit nehmen Wenn die Nerven blank liegen und die Gefühle "hochkochen", ist kaum ein sachliches Gespräch möglich. Dann ist es oft sinnvoller, aus dem Raum zu gehen und das Gespräch zu verschieben, bis sie sich beruhigt haben. Skills können beim Runterfahren helfen.
  2. Halten Sie inne, bevor Sie reagieren: Atmen Sie langsam einige Male tief ein und aus. Manchmal ist es besser erst einmal zu schweigen, bevor man Dinge sagt oder tut, die man später bereut oder nicht ungeschehen machen kann.
  3. Gehen Sie gelassen mit Provokationen um, nicht drauf einsteigen. Seien sie nachsichtig.
  4. Hören Sie dem anderen zu und lassen ihn ausreden: Unterbrechen Sie ihn nicht. Zeigen Sie Verständnis für den anderen.
  5. Der Ton macht die Musik: Sprechen Sie in ruhiger Tonlage, erheben Sie nicht die Stimme.
  6. Bleiben Sie sachlich: Achten Sie auf die Wortwahl, bleiben Sie beim Thema. Werden Sie nicht persönlich. Bringen Sie nicht Themen aus der Vergangenheit ein wie: "Damals hast Du …!"
  7. Finden Sie gemeinsam Kompromisse und Lösungen: Finden Sie einen gemeinsamen Weg, mit dem Sie beide zufrieden sind.
  8. Benutzen Sie ICH-Botschaften: "Ich fühle mich traurig und brauche gerade Zeit für mich."
  9. Respektvolle Sprache: Gehen Sie respektvoll miteinander um. Beleidigen Sie sich nicht. Stellen Sie den anderen nicht bloß.
  10. Denken Sie daran, es gibt verschiedene Meinungen und Ansichten: "Viele Wege führen nach Rom". Es gibt keine "Schwarz-Weiß", sondern viele "Grautöne".
  11. Umgang mit starken Emotionen: Bei Konflikten produziert der Körper viele Stresshormone. Zum Abbau vom Stress ist Bewegung gut. Das ist auch im Haus möglich. Unter anderem können Sie Arme und Beine lockern, den eigenen Körper schütteln oder hüpfen.
  12. Jeder braucht eine Zeit für sich am Tag: Besprechen Sie, wann Sie sich zurückziehen können, ob alleine in einem Raum oder alleine spazieren zu gehen.
  13. Wenn Sie unter Alkohol aggressiver werden, dann Finger weg von Alkohol, um Ihre Familie zu schützen.
  14. Zu guter Letzt: Denken Sie daran, es gibt auch ein Leben nach dem Konflikt oder Krise.

Gewalt! Was jetzt? Was kann helfen?

Zusammenleben auf engem Raum, fehlende Zeit für sich, Angst um den Job oder die Gesundheit, eingeschränkte Möglichkeiten sich abzureagieren – das ist eine Herausforderung, die uns an unsere Grenzen bringen kann.

Die Nerven liegen blank. Entscheiden Sie sich bewusst gegen Gewalt!

  • Gewalt hat viele Gesichter und fängt oft schleichend an: Beleidigen, Drohen, Schreien, bewusstes Ignorieren… Beobachten Sie Ihr Verhalten und seien Sie ehrlich zu sich. Erkennen Sie eigene Gewalt. Steuern Sie frühzeitig gegen!
  • Gewalt hat häufig etwas mit dem Wunsch nach Macht und Kontrolle zu tun. Oder Sie sind überfordert und wissen nicht mehr weiter? Es gibt andere Wege mit der Situation umzugehen. Nutzen Sie eine ruhige Minute, um vorher schon zu überlegen, was Ihnen in einer Situation wie dieser helfen kann. Schauen Sie auch unter: wichtige Hinweise, Skills und Umgang mit Gefühlen nach.
  • Starke Gefühle, Angst, Anspannung und Wut sind in Extremsituationen normal. Sie sind nicht schuld an Gewaltfantasien oder Ihrer sexuellen Präferenz, aber Sie sind verantwortlich für Ihr Verhalten. Leben Sie Gewalt nicht aus! Lassen Sie Impulse und Fantasien auf der Fantasieebene.
  • Wie wollen Sie mit Ihrer Frau, Ihren Kindern, Ihrem Partner umgehen? Überlegen Sie, wie diese sich fühlen. Wenn Sie in deren Haut stecken würden, wie würde es Ihnen gehen? Erinnern Sie sich daran, was Sie an ihnen mögen.
  • Gewalt schadet auch Ihnen! Sie verletzen Menschen, die Ihnen nahe stehen und machen sich in den meisten Fällen strafbar. Suchen Sie in sich den Teil, der keine Gewalt anwenden will. Machen Sie ihn stärker und hören Sie ihm zu. Es gibt Hilfe, auch für Sie!
  • Sie können Ihre Aggression nicht länger kontrollieren? Verlassen Sie die Situation! Schicken Sie Partner/Partnerin und Kinder in ein anderes Zimmer. Atmen Sie tief durch und beruhigen Sie sich. Nutzen Sie Hilfsangebote!

Für Betroffene

  • Die aktuelle Kontaktsperre bedeutet nicht, dass Sie sich nicht in Sicherheit bringen dürfen, wenn Gefahr droht. Verlassen Sie die Situation!
  • Sie fühlen sich bedroht? Rufen Sie die Polizei unter 110.
  • Sie sind nicht allein. Sprechen Sie mit jemandem. Nutzen Sie Hilfsangebote frühzeitig!

Für Lehrerinnen und Lehrer, Familienmitglieder, Bekannte, Nachbarinnen und Nachbarn

  • Sie werden Zeuge von Gewalt? Rufen Sie die Polizei unter 110.
  • Achten Sie auf Hinweise für erlebte Gewalt bei Ihren Mitmenschen. Dies können Rückzug, Nervosität, Ängstlichkeit, plötzlicher erhöhter Suchtmittelkonsum, Verletzungen usw. sein.
  • Achten Sie besonders auf Kinder und Jugendliche. Zuständig bei akuter Gewalt gegen Kinder sind Polizei, Jugendämter und Kinderschutzorganisationen in Ihrer Nähe. Verdachtsfälle können Sie z. B. hier besprechen: E-Mail post@deutscher-kinderverein.de, Telefon 0201-47 90 05 20.
  • Typische Verletzungen bei Kindern und Jugendlichen aufgrund von Gewalt finden Sie hier
  • Bleiben Sie mit dem Opfer in Kontakt. Eventuell sind Sie die einzige Person, die gerade helfen kann. Bieten Sie ein offenes Ohr und Hilfe an.
  • Sie müssen diese schwierige Situation nicht allein durchstehen. Sprechen Sie mit jemanden und nutzen Sie Hilfsangebote.

Maßnahmen gegen Gewalt

Keine Anwendung von Gewalt

Auch wenn Sie am liebsten explodieren würden und sich über jemanden ärgern oder verletzt sind. Anspannung und Aggressionen sind in Ausnahmesituationen normal und alle müsse dies aushalten. Denken Sie daran: körperliche Gewalt ist eine Straftat und verändert Sie und Ihre Familie häufig lebenslang. Es darf dafür keine Ausrede geben!

Kein Alkohol, wenn sie häufig aggressiv reagieren

Sehr viele Gewaltdelikte und Straftaten werden in Deutschland wegen Alkohol verübt. Dies soll und darf nicht bei Ihnen passieren.

Telefonieren Sie zur Entlastung

Mit Freunden zu telefonieren kann helfen, die Gefühle wieder in den Griff zu bekommen.

Reden hilft

Wenn jemand gewalttätig ist, ob Erwachsener oder Jugendlicher, reden Sie mit demjenigen, damit derjenige versuchen kann, sein Verhalten durch Verständnis zu verändern. Falls eine Kommunikation kaum möglich ist, holen sie sich Hilfe.

Schützen Sie sich - rechtzeitig

Wenn Sie und andere, z. B. Kinder, Gewalt ausgesetzt sind, dann schützen Sie sich. Holen Sie Hilfe bei Freunden, Hilfezentren, Jugendamt oder bei der Polizei. Schutz heißt zu aller erst, sich und andere aus der Gefahrenzone zu bringen, z.B. aus der Wohnung zu fliehen, egal ob Corona oder nicht. Dann Hilfe organisieren.

Antiaggressions-Training kann helfen

Fahren Sie häufiger aus der Haut und verletzen dann körperlich andere? Haben Sie gewaltsame Auseinandersetzungen? Dann wäre ein Antiaggressionstraining wichtig, dass Sie wieder die Kontrolle über Ihr Denken und Fühlern erhalten und nicht die Gefühle über Sie. (Zweiteilung des Gehirns)