Viel Zeit auf engem Raum miteinander zu verbringen, kann uns vor Herausforderung stellen. Denn das ein oder andere Verhalten des Lebensgefährten, der Kinder oder der Eltern scheint mit unseren eigenen Vorstellungen, Verhaltensweisen oder Wünschen unvereinbar zu sein.

Mich bringt alles auf 180 und ich weiß nicht wohin mit meinem Ärger

Ärger und Angst sind subjektive Gefühle, die je nach aktueller Intensität mit bestimmten Gedanken, Verhalten und physiologischen (körperlichen) Veränderungen einhergehen (siehe Zweiteilung des Gehirns). Dabei können diese Emotionen so stark werden, dass es schwierig ist, diese Anspannung auszuhalten. Gleichzeitig kann eine hohe Anspannung zu einem emotional geleiteten Verhalten führen. Diese kann die Anspannung zwar möglicherweise kurzzeitig reduzieren, trägt aber nicht zur Lösung eines Problems oder Konfliktes bei. Langfristig kann solches Verhalten sogar negative Folgen mit sich bringen.

Wenn Sie nicht so unter Anspannung gewesen wären, hätten Sie anders reagiert?

Genau. Aus diesem Grund kann es in emotional anspannenden Situationen hilfreich sein, zunächst den Grad der eigenen Anspannung zu reduzieren. Wenn Sie vollständig von ihren Emotionen eingenommen sind, kann es zunächst hilfreich sein, über einen intensiven Reiz der Sinne zur Emotion Distanz zu schaffen (Vorschläge finden sie hier). Dann könnten Sie sich über die Sinneswahrnehmungen, Gedanken oder Ihr eigenes Verhalten beruhigen. Worauf Sie ansprechen kann individuell sehr unterschiedlich sein, wichtig ist, dass Sie sich zur Anspannungsreduktion ein Verhalten suchen, das weder Sie noch andere gefährdet oder Ihnen oder anderen schadet. (Nicht geeignet sind beispielsweise: Alkoholkonsum, schnelles Autofahren oder Selbstverletzung).

Musik zu hören tut Ihnen irgendwie gut und das machen Sie sowieso schon, wenn Sie nicht gut drauf sind? - Warum dann nicht noch mehr davon ausprobieren und gezielt zur Anspannungs- und Emotionsregulation einsetzen?

Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg gehen - geht gerade nicht. Was jetzt?

Die gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg bietet ein hilfreiches Grundgerüst für das Ansprechen schwieriger Dinge, z. B. das Ansprechen eines konfliktbehafteten Themas. Mit diesem Vorgehen bieten Sie möglichst wenig Raum dafür, dass sich Ihr Gegenüber angegriffen oder verletzt fühlt. Somit können Sie mit Ihrer Art der Gesprächsführung einen möglichen Konflikt vermeiden. Wichtig ist, dass bei Ihnen eine wertschätzende Beziehungsgestaltung, anstelle der Motivation seinen Interaktionspartner zu einem bestimmten Verhalten drängen zu wollen, im Vordergrund der Interaktion steht.

  1. Beschreibung: Beschreiben Sie die von Ihnen beobachtete Situation, sachlich, konkret auf die eine aktuelle Situation bezogen und getrennt von Ihrer Bewertung: „Ich habe gesehen ….“
  2. Gefühle benennen: Benennen Sie ein Gefühl, wie es Ihnen mit der beschriebenen Sachlage geht: "Das macht mich ärgerlich / traurig …"
  3. Bedürfnis: Welches Bedürfnis wir bei Ihnen gerade verletzt? Was zeigt Ihnen Ihr Gefühl an? Was brauchen Sie gerade, wo nach ist Ihnen der Sinn? "Ich brauche ..."
  4. Bitte: Äußern Sie eine Bitte nach einem konkreten aktuell erfüllbaren Verhalten: "Könntest du bitte …" oder "Daher möchte ich aktuell…"

Wichtig außerdem: Bleiben Sie sachlich und bei sich (ich fühle mich …, für mich sieht es so aus als ..., ich brauche …). Verzichten Sie auf Beleidigungen, Unterstellungen und Vorwürfe. Das klingt auf den ersten Blick einfacher als es ist und braucht Übungen. Wenn die Situation es zulässt, ist es hilfreich sich vorher schon Gedanken zu einer Formulierung zu machen.

Sie geraten so unter Anspannung, dass eine überlegte Reaktion oder Art der Antwort unmöglich erscheint? Hier finden Sie hilfreiche Tipps zur Anspannungsreduktion.

Ihr Gegenüber müsste doch wissen, dass …. . – Ja, vielleicht könnte Ihr Gegenüber es sich denken, aber vielleicht denkt er/sie auch was ganz anderes. Warum Kommunikation manchmal uneindeutig und schwer ist, erfahren Sie zum Beispiel in der Erklärung des Models von Schultz von Thun weiter unten.

Eine Grundvoraussetzung für gewaltfreie Kommunikation ist das grundsätzlich beide Gesprächspartner daran interessiert sind auf physische als auch verbale Gewalt zu verzichten. Sollten Sie bemerken, dass Ihr Lebenspartner/Ihre Lebenspartnerin Gewalt auf Sie ausübt, bieten wir Ihnen hilfreiche Unterstützungsangebote im Kapitel Tipps zum Umgang mit Konflikten, Aggression und Gewalt.

Kommunikation in der Familie und mit anderen

Gerade wenn die Nerven angespannt sind, wir den ganzen Tag zusammen verbringen und es wenig Ausweichmöglichkeiten gibt, kann es passieren, dass wir ungeduldiger und gereizter miteinander umgehen (siehe Zweiteilung des Gehirns). Das kann dann zu Streitigkeiten und angespannter Atmosphäre in der Familie führen. Wenn Sie folgendes beachten, dann kann fast nichts mehr schief gehen.

  • Machen Sie sich bewusst, dass alles Verhalten, Mimik und Sprache, sogar Schweigen zur Kommunikation gehören und wichtig ist. Oft kommt es dadurch zu Missverständnissen.
  • Bitte achten Sie auf Ihre Art, mit dem anderen in Kontakt zu gehen: Wie reden Sie in der Familie miteinander? Ist es eher laut, gereizt, schreien, schweigen oder leise etc.?
  • Wie sagen Sie ihrem Kind, Partner oder anderen Personen was Ihnen wichtig ist? Sagen Sie das in „ICH-Botschaften“ oder „DU-Botschaften“? Es ist wichtig eigene Gefühle und Wünsche in Ich-Botschaften zu formulieren. Beispiel: „Ich brauche gerade Ruhe, um den Brief fertig zu schreiben.“ Anleitung: ICH fühle (Gefühl) und brauche (Bedürfnis)…!
  • Vermeiden Sie Du-Botschaften, diese wirken oft vorwurfsvoll und beschuldigend: „Du störst mich gerade. Du siehst doch, dass ich keine Zeit habe.“ Sie können Konflikte eher verstärken.
  • Nehmen Sie sich die Zeit, um aktiv zuzuhören, ohne Handys und andere Medien wie Fernseher.
  • Sprechen Sie es an, wenn Sie Zeit für sich brauchen um die Emotionen zu beruhigen.

Es kracht bei Kleinigkeiten. Kann es nicht mal etwas entspannter sein?

1. Mehrdeutige Kommunikation – Das Kommunikationsquadrat

Wenn Menschen über Sprache miteinander kommunizieren, dann besteht das Gesagte nicht nur aus einer Botschaft. Es beinhaltet gleich vier Botschaften, wie in dem Model „Kommunikationsquadrat“ von Schulz von Thun beschrieben. Häufig kommt es dann zum Konflikt, wenn der Sprecher etwas auf einer dieser vier Inhaltsebenen betont, es vom Empfänger allerdings auf einer anderen Bedeutungsebene gehört wird. Die vier Ebenen, die sowohl gesendet als auch empfangen werden können, sind: die Sachinformation, eine Selbstkundgabe, ein Beziehungshinweis und ein Appell.

  • Sachinformation: Es ist der reine Inhalt. Was wird wörtlich gesagt?
  • Selbstkundgabe: Was offenbart der Sprecher von sich selbst?
  • Beziehungshinweis: Wie stehen die interagierenden Personen zueinander? Oder es informiert darüber, was der Sprecher vom Empfänger hält.
  • Appell: Was soll mit der Nachricht bei dem Empfänger erreicht werden?
Kommunikationsquadrat modifiziert nach Schulz von Thun

Beispiel: Fünf Minuten vor Abfahrt: „Schatz, es ist fünf Minuten vor 7:00 Uhr.“

  • Sachinhalt: Es ist 6:55 Uhr.
  • Selbstkundgabe: Ich habe Angst unpünktlich zu sein.
  • Beziehungshinweis: Ich traue dir nicht zu, dass du die Zeit im Blick hast.
  • Appell: Komm jetzt!

In diesem Beispiel könnte der Sender einen Appell gesendet haben, der Empfänger aber für sich die reine Uhrzeit „dann habe ich noch fünf Minuten und kann mir Zeit lassen“ gehört haben. Ein solches Missverständnis würde zur entgegengesetzten der eigentlich bezweckten Handlung führen. Ebenfalls könnte der Sprecher über die aktuelle Uhrzeit informieren wollen, der Empfänger aber primär eine Beziehungsbotschaft wahrnehmen und daraufhin emotional reagieren.

Es ist gar nicht so einfach, Nachrichten so auszudrücken, dass sie in ihrer Botschaft klar sind. Hilfreich ist es daher, bei beginnenden Konfliktsituationen nachzufragen, wie der Gesprächspartner das Gesagte verstanden hat oder sich als Empfänger über das Gehörte zu vergewissern. Bei konfliktbelasteten Themen könnte auch eine gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg dienlich sein.

Interessant ist es auch, sich selbst zu hinterfragen:

  • Auf welchem Ohr reagieren Sie?
  • Gibt es eins auf dem Sie besonders häufig reagieren?
  • Hätten Sie die Nachricht auch auf einem anderen Ohr hören können?

Weitergehende Informationen zum Model finden Sie hier.

2. Was hinter einem Sachkonflikt steckt.
Konfliktforscher postulieren, dass sich hinter einem Sachkonflikt, über den sich offensichtlich gestritten wird, noch anderes im Hintergrund verbirgt. So können sich im Hintergrund Interessen oder Bedürfnisse, bestehende Gefühle, Beziehungsprobleme, intrapersonelle Probleme oder Werte bestehen. Aber ebenso können Missverständnisse und Kommunikationsprobleme unterschiedliche Informationen oder strukturelle Bedingungen im Hintergrund von Konflikten liegen. Dieses stellt das Eisbergmodell von Besemer da. Zu reflektieren, was hinter einem Sachkonflikt steht, kann helfen den Konflikt für sich aufzulösen oder nach effektiven Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

Eisberg-Modell modifiziert nach Besemer 2001