Wie kann Homeoffice gelingen?
Körperliche und psychische Gesundheit
Im Homeoffice rückt der Arbeitsplatz sehr nahe an die Intimsphäre heran. Wenn am selben Platz gearbeitet, gelebt und gewohnt wird, birgt das gewisse Risiken für die psychische Gesundheit. Durch die fehlende räumliche Trennung, fällt es auch schwer, sich von Gedanken und Gefühlen zu trennen, die den jeweiligen Bereich betreffen. Ein Leitfaden soll dabei helfen, nicht nur körperlich, sondern auch psychisch gesund zu bleiben, Freiräume für sich beanspruchen oder wieder zurückzugewinnen.
Überdenken Sie Ihre Herangehensweise an die Arbeit!
Beobachten Sie Ihre Energiereserven! In erster Linie geht es darum, die mit Ihrem Arbeitsplatz verbundenen Aufgaben zu erfüllen. Fragen Sie sich hinsichtlich Ihrer Homeoffice-Tätigkeit. „Bin ich jemand, der eher seine Bedürfnisse vergisst und dem es grundsätzlich schwer fällt ausreichend für Getränkeaufnahme, Arbeitsunterbrechungen etc. zu sorgen? Fällt es mir schwer, die Arbeit zu beenden?“ In diesem Fall sollten Sie sich ganz bewusst Ziele zur Veränderung Ihres Tagesablaufs im Homeoffice setzen.
Vielleicht ist es dabei hilfreich, sich zur Veranschaulichung eine Energie-Bilanz-Waage vorzustellen. Füllen Sie nun gedanklich die Waagschalen "Tagesanforderungen" und "Erholungsmöglichkeiten im Tagesverlauf". Ganz allgemein gilt: Für die psychische Gesundheit ist es langfristig unabdingbar, dass beide Waagschalen nahezu ausgeglichen sind. Das gilt auch für die Arbeit im Homeoffice.
Planen Sie nicht ohne die anderen Mitglieder in Ihrem Haushalt!
Homeoffice bedeutet nicht, mehrere Aufgaben zur gleichen Zeit ausüben zu können! Kinder zu beaufsichtigen, während Sie im Homeoffice ein wichtiges Kundentelefonat führen müssen, kann keine Dauerlösung sein. Versuchen Sie daher, sowohl mit ihrem Arbeitgeber als auch mit ihren Familienmitgliedern Regelungen zu treffen.
Wenn sich Kinder oder andere pflegebedürftige Personen zur gleichen Zeit im Haushalt aufhalten, fragen Sie sich, für wie viele Stunden am Tag Sie die Betreuung zusätzlich zu Ihrem Arbeitsaufkommen übernehmen können? Wenn zumindest eine zeitweise Selbstbeschäftigung möglich ist, überprüfen Sie sich, in welchen Fällen Sie ansprechbar sein müssen und ob es fernab einer übermäßigen Mediennutzung kreative Möglichkeiten zur Selbstbeschäftigung geben könnte?
Könnten Sie z. B. auch mit den Kindern sprechen, um ihnen die Folgen, die die Unterbrechungen für Sie haben, zu erklären und klare Regelungen zu vereinbaren? Seien Sie sich sicher, wenn sich die Anwesenden und Sie nicht an die getroffenen Regelungen halten können, wird Ihr Arbeitstag durch die damit verbundenen Störungen eher unproduktiv! Wenn Sie zum Ausgleich versuchen, dies z. B, durch Mehrarbeit nach dem „eigentlichen“ Feierabend aufzuholen, wird dies jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit eher negative Auswirkungen auf Ihre psychische Gesundheit haben. Sollten Sie durch andere in ihrem Arbeitsfluss häufig unterbrochen werden, könnte das Nachdenken über ein Belohnungssystem hilfreich sein. Dabei führt dann das Einhalten der gemeinsam vereinbarten Regeln zu einer Belohnung. Gegebenenfalls lässt sich auch ein Belohnungskonto einführen, das dann für alle sichtbar aufgehängt wird.
Den Arbeitstag so einzuplanen, dass Sie die Arbeit auf die Abendzeiten verschieben, ist zwar im Einzelfall eine Möglichkeit, führt aber bei mehr als gelegentlicher Anwendung und bei unterschiedlichen Tagesabläufen nicht selten zur Isolation innerhalb der Familie. Dauerbelastung und psychisches Leiden wären die Folge, insbesondere wenn Sie sich ohnehin schwer tun, abzuschalten und vielleicht auch unter Schlafstörungen leiden. Um im Gegensatz dazu das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, planen Sie auch ganz konkret gemeinsame Aktivitäten und Zeiten ein.
Richten Sie sich Ihren Arbeitsplatz bewusst ein!
Ganz gleich ob Sie über ein eigens dafür eingerichtetes Zimmer, eine Nische, den Küchentisch oder den Balkon verfügen, richten Sie sich Ihren Arbeitsplatz bewusst ein und achten Sie auf einige Dinge, die Ihrer Gesundheit zuträglich sind. Den Schreibtisch sollten Sie am besten rechtwinklig zum Fenster anordnen für eine optimale Tageslichtnutzung. Sonnenlicht sorgt für die Vitamin-D und Serotoninproduktion und hat damit einen natürlichen antidepressiven Charakter. Darüber hinaus bedenken Sie die Wirkung von Pflanzen. Sie sorgen im Allgemeinen nicht nur für ein angenehmes Raumklima, sondern haben durch Ihre pure Anwesenheit in etlichen wissenschaftlichen Studien auch schon ihre stressreduzierende Wirkung unter Beweis gestellt.
Je weniger Störquellen Ihr Arbeitsplatz bietet, desto eher werden Sie sich auf Ihre Aufgaben konzentrieren können und weniger Arbeitszeit benötigen. Planen Sie daher in Ihren Arbeitsalltag Zeiten zum Aufräumen bzw. Wiederherrichten Ihres Arbeitsplatzes ein. In aller Regel sind Homeoffice-Arbeitsplätze gleichzeitig Computer-Arbeitsplätze, bei denen die Kommunikation über E-Mail oder auch Smartphone obligatorisch ist. Hier sollten Sie sich bewusst machen, dass im Umgang damit selbstverständlich die gleichen Regeln gelten, wie im Büro. Sollten Sie an einer Aufgabe verweilen, die viel Konzentration erfordert, dürfen Sie selbstverständlich auch für die gleichen Maßnahmen sorgen wie im Büro und sich außerhalb der Zeiten notwendiger Erreichbarkeit überlegen, ob sie die "Bürotür auch mal geschlossen halten", um Störungen fernzuhalten.
Strukturieren Sie Ihren Arbeitstag!
Eine Strukturierung des Tages hat vielfältige positive Auswirkungen. Versuchen Sie sich eine Tagesstruktur beizubehalten, die Ihrem gewöhnlichen Arbeitstag entspricht. Selbst wenn es keine verbindlichen Präsenztermine im Homeoffice geben sollte, versuchen Sie zur gleichen Zeit ihren Arbeitsplatz einzunehmen.
Um die Grenze zwischen Privatsphäre und Berufstätigkeit einzuüben wäre es außerdem hilfreich, den "Weg zur Arbeit" bewusst zu gestalten. Morgengymnastik, duschen, ankleiden, mit dem Hund rausgehen, frühstücken – alle Aktivitäten, die Sie vor Ihrem Start zur Arbeit ausführen, sollten Sie beibehalten. Für viele bedeutet auch der Weg zur Arbeit die Möglichkeit, mit anderen ins Gespräch zu kommen bzw. sich mental auf den Arbeitstag vorzubereiten. All diese Dinge wären auch bei der Arbeit im Homeoffice zu beachten.
Vielleicht führen Sie vor Arbeitsstart aber auch eine kurze Achtsamkeits- oder Meditationsübung durch. Nehmen Sie sich noch Zeit für das ein oder andere private Gespräch, lesen Sie Zeitung oder planen Sie Ihre anstehenden Aktivitäten. Ihr Arbeitstag beginnt erst dann, wenn Sie Ihren Arbeitsplatz einnehmen. Sie haben vergessen, die Spülmaschine auszuräumen? Versuchen Sie unter keinen Umständen jedweder Ablenkung nachzugeben und verpflichten Sie sich dazu, Unerledigtes in die Pause oder den Feierabend zu verschieben – wie Sie es im Büro auch tun würden.
Organisieren Sie Ihren Arbeitstag nach Ihrem ganz persönlichen Rhythmus!
Viele Menschen fühlen sich in den Morgenstunden frischer und ausgeruhter, weil sie im Allgemeinen nicht mit den Eindrücken und Informationen des Tages gefüllt sind. Daher eignen sich knifflige Aufgaben eher dazu, diese in die frühen Morgenstunden zu verlegen. Wenn Sie eher zu anderen Zeiten zur Hochform auflaufen, versuchen Sie dies bei der Planung Ihres Arbeitstages zu berücksichtigen. Mehr denn je lebt die Arbeit im Homeoffice davon, sich an einem vorstrukturierten Tagesablauf zu orientieren, da die Ablenkungsmöglichkeiten für gewöhnlich deutlich höher sind als im Büro. Eine dringende Empfehlung wäre hierbei, zur unbedingt schriftlichen Vorab-Planung einen Tisch- oder Wandkalender zu nutzen und grobe Zeitfenster einzuplanen. Wenn es für Sie möglich ist, schnüren Sie sich einzelne „Arbeitspakete“ bzw. setzen Sie sich diesbezügliche, angemessene Ziele.
Grundsätzlich neigen wir Menschen nämlich dazu, unsere Leistungsmenge in einer entsprechenden Zeiteinheit oft zu optimistisch einzuschätzen und setzen uns dann unter Druck bei all dem, was noch zu erledigen ist. Sie können mehr für das eigene Wohlgefühl sorgen, wenn Sie überblicken, was schon alles geschafft ist. Das tun Sie, indem Sie Erledigtes abhaken. Vielleicht müssen Sie sich auch erst an diese Art der Arbeitsorganisation gewöhnen. Haben Sie dabei Geduld mit sich, wenn das nicht auf Anhieb klappt und passen Sie Ihre Ziele anfänglich täglich an! Sollten Sie allerdings die von ihrer Firma gesetzten Vorgaben nicht oder nur unter größter Anstrengung an mehreren Tagen in der Woche einhalten können, ist ein Gespräch mit ihrem Arbeitgeber unabdingbar.
Sorgen Sie für ausreichende Pausen!
Pausen bedeuten mehr als Arbeitsunterbrechungen. Bildlich gesprochen, sollen sie die kleinen Inseln im Strom des Arbeitstages darstellen, um die verlorenen Energiereserven wiederherzustellen. Wer die Pausen mit Erledigungen füllt oder Pausen ganz auslässt, ist anfälliger für Stress und schwächt damit sein Immunsystem. Streuen Sie kurze Pausen ein, indem Sie bewusst mehrmals am Tag aufstehen, durch Ihre Wohnung oder auf den Balkon gehen, einige Dehn- oder Lockerungsübungen durchführen und versuchen, sich auf ihre Atmung zu konzentrieren. Auch das bewusste Trinken einer Tasse Kaffee, Tee oder eines Glases Wasser sorgt dafür, dass frische Energie aufgenommen wird. Kurze, wenige Minuten dauernde Achtsamkeits- oder Meditationsübungen helfen, die Gedanken zu ordnen und evtl. andere Sichtweisen zu entwickeln. Gleiches gilt für die Situation, dass Sie sich überfordert oder gestresst fühlen. Verharren Sie dann nicht am Arbeitsplatz, sondern suchen Sie sich einen ruhigen Ort innerhalb ihrer Wohnung und führen Sie beispielsweise folgende Übung durch.
Betrachten Sie ein angenehmes Bild oder schließen Sie die Augen und versuchen Sie sich auf Ihre Atmung zu konzentrieren. Bei jedem Ausatmen zählen Sie dabei gedanklich von 1 bis 10. Überprüfen Sie anschließend auf einer Anspannungsskala (z. B. 1 bis 10), inwieweit sich an der vorherigen Anspannung etwas verändert hat und nehmen Sie Ihre Arbeit erst dann wieder auf. Führen Sie ggf. die Übung fort oder ersetzen Sie sie durch andere Möglichkeiten zur Reduzierung von Anspannung. Planen Sie auf jeden Fall für Ihren Arbeitstag mindestens die Pausenzeiten ein, die gesetzlich vorgeschrieben sind.
Der Gedanke, im Homeoffice durchzuarbeiten, um sich dann anschließend früher anderen Dingen widmen zu können, ist eher stressverstärkend und trägt zur Überforderung bei. Halten Sie daher Ihre Pausen ein! Stellen Sie sich, wenn nötig, hierzu einen Wecker. Zur Unterstützung können Sie sich auch mit anderen Personen zum Telefonieren oder Chatten verabreden. Tun Sie in den Pausenzeiten überwiegend das, was Ihnen gut tut. Auch wenn Erledigungen anstehen, die nicht bis Feierabend warten können, sollten diese für ein langfristig positives Wohlbefinden nicht ihre gesamte Pausenzeit in Anspruch nehmen. Gleiches gilt für die Nahrungsaufnahme. Essen Sie keinesfalls am Arbeitsplatz! Was die Zubereitung der Nahrung für sich und andere Familienmitglieder betrifft: Versuchen Sie diese möglichst außerhalb Ihrer Pausen einzuplanen, indem Sie die Gerichte ganz oder teilweise z. B. am Vorabend vorkochen.
Halten Sie Kontakt zu Ihren Arbeitskollegen!
Die Arbeit im Homeoffice bringt es oft mit sich, dass sich der Kontakt mit den Kollegen oft auf das Geschäftliche beschränkt. Dabei ist das direkte oder telefonische Gespräch unter Kollegen nicht nur arbeitsbezogen wichtig. Es sorgt sorgt sowohl bei jedem Einzelnen für ein notwendiges Maß an Wohlbefinden als auch insgesamt für ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Um den Gefühlen von Einsamkeit vorzubeugen oder entgegenzuwirken, können Sie Zeiten vereinbaren, in denen Sie sich quasi in einer "virtuellen Teeküche" zu zweit oder zu mehreren zusammenfinden – auch ohne geschäftlichen Anlass.
Beenden Sie Ihren Arbeitstag bewusst!
Die größte Schwierigkeit bei der Arbeit im Homeoffice besteht wohl darin, Arbeit und Privates zu trennen. Damit einher geht auch die Frage nach dem Feierabend. Genauso, wie durch die entfallenden Arbeitswege die Aufnahme der Arbeit am Morgen problematisch sein kann, liefert manche Situation Anlass, den Arbeitstag nicht leicht beenden zu können. Sie wollen eine Aufgabe z. B. unbedingt abschließen und überprüfen noch einmal Ihren Nachrichteneingang. Diese ohne ähnliche Situationen können dazu führen, dass es Ihnen schwer fällt abzuschalten. Setzen Sie sich bewusst eine Grenze!
Hilfreich wäre es hier, sich Rituale zu schaffen, die Sie aus dem Arbeitstag aussteigen lassen. Das bewusste Herunterfahren des Computers kann beispielsweise damit verknüpft werden, dass der Arbeitstag nunmehr abgeschlossen ist. Versuchen Sie, Ihren Arbeitstag damit zu beschließen, indem Sie sich 10 Minuten Zeit nehmen, um den Tag noch einmal Revue passieren zu lassen und sich dies zu notieren. Stellen Sie sich die Frage, welche Angelegenheit einer weiteren Klärung bedarf oder vielleicht auch, womit Sie am nächsten Tag unbedingt starten wollen?
Sorgen Sie dafür, dass nach dem Arbeitstag noch genügend Zeit für weitere Aktivitäten und für sie persönlich vorhanden ist. Dies hilft dabei, zur Ruhe zu kommen und besser schlafen zu können. Mehr denn je ist es im Homeoffice wichtig, nach Feierabend für ausreichend Bewegung, aber auch für Entspannung zu sorgen. Insbesondere wenn es am Tag Situationen gab, die bei Ihnen zur Anspannungszunahme geführt haben. Wenn Sie sich mit Medien beschäftigen, ist es für Ihr Wohlbefinden zuträglicher, am Ende des Tages witzige Film oder Serien zu schauen oder einfach ein Buch zu lesen.